April 24, 2024

Das Wuhan-Virus als Wotan redivivus – Radu Golban

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Da die Zahlen zur Übersterblichkeit in Deutschland an die guten alten Zeiten vor Corona erinnern, versuchen Staatslenker die Hysterie mit abenteuerlichsten Erklärungen aufrechtzuerhalten. Weil gezielte Angstmacherei ein probates Mittel der weissen Folter ist, stellt sich die Frage, ob jenes günstige Zeitfenster für die von Maschinenbauingenieur Klaus Schwab propagierte „vierte industrielle Revolution“ durch eine Strategie zur Durchseuchung der Gesellschaft mit Angstpsychosen begünstigt werden könnte. Der mehrfach promovierte Schwab erblickt die „transformativen Kräfte[1]  einer Pandemie ähnlich wie der bekannte frühere britische Militärpsychiater und CIA-Verhörprofi Sir William Sargant (1907-1988), welcher ausführlich erklärte, wie sich im Falle von Kriegen oder Seuchen durch vorsätzlich herbeigeführte Angst oder Erregung der psychotische Zusammenbruch der Massen herbeiführen ließe. Wenn sich der Kern ihrer Aussagen einzig durch das Adjektiv „transformativ“ unterscheidet, dann empfehle ich doch eher das Buch „Battle for the Mind“ (1957) des für Menschenversuche bekannten Scheusals im Arztkittel zu lesen statt jenes von Evolutionstheoretiker Schwab.

Bei den eher ökonomisch als virologisch begründeten Forderungen des Nichtmediziners Schwab nach einem weiteren Lockdown sind im Hinblick auf das Zerstörungspotential für ganze Wirtschaftszweige auch die psychologischen Aspekte des Katastrophenhaften und Ergriffenen zu würdigen. Zutreffend dazu hatte der berühmte Schweizer Psychoanalytiker C.G. Jung in seinem 1936 erschienen Aufsatz „Wotan“[2] angemerkt, dass das Eindrucksvolle am deutschen Phänomen nämlich genau das sei, wie „…Einer, der offenkundig ergriffen ist, das ganze Volk dermassen ergreift, dass sich alles in Bewegung setzt, ins Rollen gerät und unvermeidlicherweise auch in gefährliches Rutschen“. Im vorliegenden gesellschaftlichen Gesamtkontext ist die Ökonomie als wissenschaftliche Argumentationsbasis weit weniger etabliert, als die Psychologie, weshalb gerade Jung zum besseren Verständnis der Rolle des „Ergreifers“ wertvolle Impulse liefern könnte.

Freilich war der Schweizer Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie kein Anhänger des altgermanischen Gottes Wotan, sondern einer, der ihn lediglich als Hypothese betrachtet, um „die Cyclone“, den seelischen „Faktor“ irrationaler Natur beim Hang zur Zerstörung besser zu verstehen. Einzig eine Jahreszahl, aber nicht der für die damalige und heutige Gegenwart zutreffende „kulturelle Hochdruck“ als Synonym für eine Blütezeit unterscheidet die Analyse des unbequemen Seelenkenners von den heutigen Ereignissen. Offensichtlich war Jung mit seinem Latein am Ende; er sah sich ausserstande, die Welt auf der Basis von ökonomischen, politischen und psychologischen Faktoren zu erklären und wagte die Hypothese, dass der alte Wotan mehr vom Nationalsozialismus erkläre, als alle drei anderen Elemente zusammen.

Das Phänomen der hinterherhinkenden Übersterblichkeit heute mit aller medialen Schlagkraft doch noch als Covid-Bedrohungsszenario zu verkaufen, könnte kaum zutreffender verdeutlicht werden, als mit den Worten Jungs: ein „geistiges Katastrophenland, wo gewisse Naturtatsachen immer nur einen Scheinfrieden mit der Weltherrscherin Vernunft eingehen“. Ob der in Jungs Aufsatz als ein aus Asien stammender Wind und Widersacher dargestellte Wotan eine weise Voraussicht für das neuerlich aus Wuhan eingeschleppte Virus ist, bleibt bei zwei fast gleichklingenden Namen – Wotan – Wuhan – pure Spekulation. Gerade dieser Schicksalsglaube macht die Eigentümlichkeit dieses Wut-und-Raserei-Gottes aus, der als Archetyp wieder zum Leben erwacht zu sein scheint. Wenn der Corona-Mythos in der Gestalt eines von Fledermäusen übertragenen Erregers versinnbildlicht wird, dann wäre durch die Zugehörigkeit des fliegenden Säugers zu den Tieren der Lüfte doch eine gewisse Analogie zu den archaischen Raben gegeben, die Wotan, dem Gott der Zerstörung, Morgenluft melden.

„Die Wotangläubigen scheinen trotz ihrer Schrullenhaftigkeit richtiger gesehen zu haben als die Vernünftler“, stellt Jung fest, womit die abwegigen Heilsbringer sich letztendlich den Weg zur Macht gesichert hätten. Gerade an dem verschrobenen Revolutionierungsanspruch der heutigen Evolutionsapostel, im Widerspruch zur Wissenschaft und im Einklang mit dem Kultischen, bewährt sich der Rückgriff auf die Psychologie. Es erlaubt die gleiche Schlussfolgerung, damals und heute, dass der wütende Windgott alles ergreift, „was ihm in den Weg kommt, und alles umwirft, was keinen Stand hat“.

Besonders erleuchtend erscheint der Hinweis des Schweizer Psychiaters auf die germanische Mythologie, wonach der Wind aus Asien, bevor er in Germanien hineinbläst und „welterschütternde Gedanken inspiriert“, „Völker zusammenweht wie dürre Blätter“. Eines dieser „dürren Blätter“  mag die geopolitisch motiviert destabilisierte USA sein, die im Sog der Corona-Krise gleich einem Glaubensakt die Virus-Ungläubigen nicht nur an der Urne abgestraft, sondern auch den von Germanien so verhassten Neoliberalismus zu Grabe getragen hat. Schwabs Vermengung der Zukunftsperspektive mit der schlechten Zensur für die Trumpsche Corona-Politik und der Neoliberalismus-Kritik weisen deutlich in diese Richtung.

Erst der Blick auf die Entfachung des gewaltigen Windes im Geiste einer grundlegenden Erneuerung, eine durch den neuzeitlichen Lockdown als Ausdruck von Zerstörung und Wiederaufbau getragene Betrachtung einiger intellektuell Ergriffener, lenkt unvermeidlich den Blick auf ihre Eigenschaft als burleske Wotangläubige. Archetypen fangen an zu wirken, stellt Jung fest, wenn das politische Geschehen von einer Sackgasse in die andere gerät und die Masse, statt der menschlichen Regulierung zu folgen, aufhören würde zu funktionieren. Gerade an der „Schicksalskunde“ Wotans, „den um Geheimes Wissenden“, wie Martin Ninck[3] schreibt, folglich ein Multitalent, können sich Klaus Schwab, Bill Gates u.a. mit den im Corona-Bann zu Papier gebrachten Zukunftsaussichten präzise messen lassen. Doch es bleibt nicht nur bei diesen Merkmalen. Auch Wotans Eigenschaft als Herr der Toten, frei von Alterserscheinung, ließe sich in leicht abgewandelter Form am bereits angefertigten, den Tod überdauernden Avatar[4] von Schwab erkennen. Ebenso seine im Safe verschlossenen Briefe an seinen Verwaltungsrat, für den Fall, dass ihm etwas zustöße[5], betonen lebensnah das Geheimnisumwitterte des Zerstörungsgottes.  

Ich schliesse mich Jungs Erklärungsansätzen an, wonach Wotans Erwachen lediglich ein Bild sei, die „seelischen Gewalten“ entlang historisch, literarisch und kulturell gewachsener Merkmale zu verdeutlichen. Erleuchtend ist Jungs Feststellung, dass Wotan als Archetyp und autonomer seelischer Faktor eine kollektive Wirkung erzeuge und erst dadurch ein Bild seiner Natur entwerfe. Freilich ist Schwab nicht Wotan, doch ist auch er nicht frei von der kulturellen Prägung seiner geistigen Heimat, die gerade dieses tragische Wechselspiel von Inspiration und Raserei ausmacht. Jungs Anliegen als Psychiater war es, durch den Rückgriff auf Archetypen Menschenseelen zu heilen. Vermutlich war ihm nicht wohl dabei, zu entdecken, dass manche dieser Götter als Heiler erst dadurch Wunder wirken, wenn sie die Zerstörungswut entfachen. Realpolitisch und psychologisch betrachtet, könnte man meinen, dass der Wuhan-Wotan nicht nur die deutsche Seele heilt, sondern auch politische Widersacher aus dem Weg räumt. Der Rückgriff auf die Mythologie scheint jedenfalls die USA auf das Abstellgleis manövriert und eine neue Pax Germanica für ein Nachhaltigkeitszeitalter der deutsch geprägten Gemeinwohlorientierung ausgerufen zu haben.

Freilich liessen sich auch noch stilistische Elemente untersuchen, etwa ob der Appell an die Menschen, sich und seinen Nächsten mit Masken zu schützen und sich frohlockend zu impfen, noch Eddas Stabreimgebot zum altgermanischen und standesgemässen Gruß des wiederauferstandenen Zerstörungsgottes entspricht. Es sei seit jeher tragisch, in die Hände eines lebenden Gottes zu fallen, stellt Jung abschliessend fest und regt an, den damaligen Deutschen eher als „Erleidenden“, anstatt als „verantwortlich zu machenden Handelnden“ zu betrachten. Sperrzeiten, Lockdown, Absterben ganzer Wirtschaftszweige und despektierliche Gesichtsbedeckung würden den Schweizer Psychiater vermutlich das gleiche Urteil über die heutigen Erleidenden fällen lassen.

Die Wandereigenschaft von Wotans Jüngern scheint auch im Hinblick auf die sportwettkampfartig präsentierten deutschen Corona-Schutzkonzepte als Exportmodell der Genialität, oder den nahezu imperialistisch anmutenden Impfwettlauf reaktiviert zu sein. Wotan, stellt Jung fest, sei eine kulturelle Urgegebenheit, eine unübertroffene Personifikation einer grundlegenden Eigentümlichkeit, die man heute im Gegensatz zu ihm nicht völkisch, sondern zentraleuropäisch eingrenzen würde. Ein irrationaler Terribilismus, der sich durch ständige Anspielungen auf den technischen Fortschritt, die beispielhaften gesundheitspolitischen Massnahmen, die übersteigerte unsichtbare Gefahr eines Virus, die Genialität, den Erfindergeist und das Besserwissen für ganz Europa ausdrückt. Nichts als zeitgemässe Walkyrenritte, die die Einzigartigkeit hervorheben.      

Unglücklicherweise werden offensichtlich industrielle Revolutionen ebenso gezählt wie die (deutschen) Reiche: Bei dem letzteren hat das Zählen bei drei aufgehört. Über das vierte Reich wird lediglich spekuliert. Dafür macht die Revolution der Industrie den ersten Zug und landet auf der magischen Vier. Warten wir doch ab, was den Ausgleich beim Punktestand von Reich und Industrie herbeiführen wird. Dann würde einem Jungs Ausblick, wonach der Nationalsozialismus noch lange nicht das letzte Wort gewesen sei, sondern in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten hintergründige Dinge zu erwarten seien, von denen wir uns jetzt allerdings noch schlecht eine Vorstellung machen könnten, eiskalt den Rücken runterlaufen.


[1] Klaus Schwab: „Der Neoliberalismus hat ausgedient“ | ZEIT ONLINE, 21.9.2020

[2] Carl Gustav Jung: Aufsätze zur Zeitgeschichte, Zürich 1946, S. 1-24

[3] Martin Ninck, „Wodan und germanischer Schicksalsglaube“, Eugen Diederichs, Jena 1935

[4] Datei:Klaus Schwab – Second Life Avatar.jpg – Wikipedia

[5] Der superidealistische Weltverbesserer | Berner Zeitung

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