Der Krieg gegen die Wissenschaft und die Abstammung des Menschen im 20. Jahrhundert – Cynthia Chung
Huxley macht unmissverständlich klar, dass er die Welt für überbevölkert hält und dass Wissenschaft und Fortschritt nicht unbegrenzt fortschreiten könnten.
Quelle: The War on Science and the 20th Century Descent of Man — Strategic Culture
In Teil 1 wurde die Frage erörtert, welche Absicht Aldous beim Schreiben von „Brave New World“ wirklich verfolgte; war es als Ermahnung, als unvermeidliche Prophezeiung oder als offene Verschwörung gedacht? Eine offene Verschwörung, die nicht nur eng mit H.G. Wells verbunden ist, der eine solche Vision in seinem 1928 erschienenen gleichnamigen Buch klar darlegte, sondern sie auch mit Aldous‘ berühmtem Großvater Thomas Huxley teilte, „Darwins Bulldogge“ und Mentor von Wells.
Von hier aus werden wir weiter diskutieren, was genau Aldous‘ Ansichten zu solchen Themen waren. Glaubte er tatsächlich an die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Diktatur? Ein wissenschaftliches Kastensystem? Hat er die Menschen tatsächlich davor gewarnt, dass eine solche Dystopie eintreten würde, wenn wir unseren Kurs nicht korrigieren, oder war das alles Teil einer massenpsychologischen Konditionierung auf das, was als unvermeidlich angesehen wurde? Und bestand Aldous‘ Rolle eher darin, den Übergang zu einer „Diktatur ohne Tränen“ so weit wie möglich „abzumildern“?
Der Krieg gegen die Wissenschaft
„Eine neue Theorie der Biologie“, so lautete der Titel der Abhandlung, die Mustapha Mond gerade zu Ende gelesen hatte. Er saß eine Weile da und runzelte nachdenklich die Stirn, dann nahm er seinen Stift zur Hand und schrieb quer über die Titelseite: ‚Die mathematische Behandlung des Zweckbegriffs durch den Autor ist neu und höchst genial, aber ketzerisch und, was die gegenwärtige Gesellschaftsordnung betrifft, gefährlich und potentiell subversiv. Nicht zu veröffentlichen.‘ … Schade, dachte er, als er mit seinen Namen unterschrieb. Es war ein meisterhaftes Stück Arbeit. Aber sobald man anfing, Erklärungen in Bezug auf den Zweck zuzulassen – nun, man wusste nicht, was das Ergebnis sein könnte. Es war die Art von Idee, die die unruhigeren Gemüter unter den höheren Kasten leicht dekonditionieren konnte – sie dazu bringen, ihren Glauben an das Glück als das höchste Gut zu verlieren und stattdessen zu glauben, dass das Ziel irgendwo jenseits liegt, irgendwo außerhalb der gegenwärtigen menschlichen Sphäre, dass der Zweck des Lebens nicht die Aufrechterhaltung des Wohlbefindens [als Glück und Komfort] ist, sondern eine Intensivierung und Verfeinerung des Bewusstseins, eine Erweiterung des Wissens. Was, so überlegte der Kontrolleur, durchaus wahr sein könnte. Aber unter den gegebenen Umständen nicht zulässig.“ – Aldous Huxley, „Schöne neue Welt“
Dies ist das Credo aller wissenschaftlichen Diktaturen, um jede Suche nach Wissen zu verbieten, deren Ziel die Entdeckung einer universellen Wahrheit ist – etwas, das „jenseits, irgendwo außerhalb der gegenwärtigen menschlichen Sphäre liegt.“ Etwas, das immer wahr ist und bleiben wird, und nicht nur solange, wie man es Menschen glauben macht.
Daher muss eine wissenschaftliche Diktatur den Zweck mit allen Mitteln leugnen und eine künstliche, „bequeme“ Vorstellung von Glück und Komfort fördern, da ersteres sehr schlechte Diener/Sklaven und letzteres sehr gute Diener/Sklaven hervorbringt.
Zweckmäßigkeit führt zu Unvorhersehbarkeit im Status quo. Es gibt keine Sicherheiten für ein oligarchisches Regierungssystem in einer Welt, die durch eine Zweckmäßigkeit in Richtung Wahrheit, Schönheit und Wissen motiviert ist, wie Mustapha Mond kurz und bündig darlegt.
Es ist auch so, dass immer dann, wenn man eine universelle Wahrheit entdeckt, diese eher eint als trennt – die Wahrheit also der eigentliche Feind der Tyrannei ist, denn sie bietet Klarheit. Und man kann nicht mehr beherrscht werden, wenn man eine überlegene Alternative zu seiner Unterdrückung sieht.
Deshalb muss die Wahrheit unter der Herrschaft der Tyrannei nach Möglichkeit ausgelöscht werden; sollte das nicht möglich sein, wird sie so lange verdreht, bis sie nicht mehr erkennbar ist; sie wird in Bruchstücke ihrer selbst zerlegt, um Fraktionen zu schaffen, Schulen gegensätzlichen Denkens, die ihre Anhänger verwirren und in die Irre führen sollen.
Die Leugnung des Zwecks ist somit die notwendige Voraussetzung für die Herrschaft in einer wissenschaftlichen Diktatur. Ob ihre Kontrolleure an einen Zweck glauben oder nicht, ist irrelevant, da er einfach nicht zulässig ist.
Die Frage ist also: Wie passt Aldous in all das hinein? Werfen wir zunächst einen Blick auf Aldous‘ familiäre Wurzeln, um zu sehen, ob der Apfel tatsächlich nicht zu weit vom Stamm gefallen ist …
Aldous‘ Großvater T.H. Huxley (1825-1895) hatte sich bereits im Alter von fünfundzwanzig Jahren einen Namen gemacht und wurde 1950 zum Fellow der „Royal Society“ gewählt. Innerhalb weniger Jahre stieg er zu einem führenden Mitglied des wissenschaftlichen Establishments Großbritanniens auf.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts begannen die Entdeckungen in der Geologie, der akzeptierten religiösen Sichtweise der Schöpfung zu widersprechen. Man stellte zunehmend fest, dass stetige Veränderungen die Hauptursache für die meisten geologischen Formationen waren, die sich über sehr lange Zeiträume hinweg entwickelt hatten, und dass diese Veränderungen sogar zum Aussterben bestimmter Organismen/Kreaturen geführt hatten. Dies war das erste Mal, dass die biblische Sicht der Schöpfung als Hauptargument in den Wissenschaften in Frage gestellt wurde.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war sich die wissenschaftliche Gemeinschaft weitgehend einig, dass sich lebende Prozesse und ihre Umgebung tatsächlich „entwickeln“.
In den 1820er Jahren gerieten Georges Cuvier (1769-1832) und Étienne Geoffroy Saint-Hilaire (1772-1844), einst befreundet, in heftige Meinungsverschiedenheiten über den Ursprung anatomischer Formen, die 1830 zu einer historischen Debatte führten, in der Fragen aufgeworfen wurden, die bis heute noch nicht geklärt sind.
Nach der Lektüre von Thomas Malthus‘ „An Essay on the Principle of Population“ (der bekanntlich dazu aufrief, die Pest zu fördern, um die Krise der Überbevölkerung zu bewältigen) formulierte Darwin 1838 seine Theorie der „Evolution“, die auf der „natürlichen Auslese“ des Stärkeren beruht. Er prägte den Begriff als Analogie zu dem, was er als „künstliche Auslese“ der selektiven Zucht bezeichnete, wobei er sich insbesondere auf die Praxis der Pferdezucht bezog. Darwin sah eine Ähnlichkeit zwischen den Landwirten, die bei der Selektionszucht die besten Tiere auswählen, und einer malthusianischen „Natur“, die aus zufälligen Varianten auswählt.
Das heißt, Darwins Ideen der „natürlichen Auslese“ und des „Überlebens des Stärkeren“ implizierten keine Gerichtetheit der Evolution, sondern beruhten auf der natürlichen Auswahl von Zufallsvarianten. Aber wie kann sich ein Teil eines Organismus entwickeln, ohne die anderen Teile des Organismus zu beeinflussen?
Nach Étienne Geoffroy Saint-Hilaire ist der Evolution ein „Potenzial“ inhärent; das Potenzial für Veränderungen ist dem Organismus inhärent, und die Formung seiner vielen Teile erfolgt auf harmonische, kohärente Weise. Das heißt, der Wandel verläuft zielgerichtet und nicht zufällig.
Die Evolution der Flügel für den Flug, der Augen für das Sehen, des Nervensystems für das Denken: Geoffroy behauptete, dass diese nicht das Ergebnis unzähliger winziger Mutationen waren, die unabhängig voneinander auftraten und ausgewählt wurden, sondern dass die Umwandlungen mit der Absicht geschahen, Formen des Flugs, des Sehens und des Denkens zu schaffen.
Indem Darwin diese These ablehnte, schuf er ein Paradoxon innerhalb seiner eigenen Theorie. Entweder ist das Veränderungspotenzial dem Organismus, in dem sich viele Teile auf harmonische/kohärente Weise verändern können, inhärent, oder es ist es nicht. Wenn letzteres der Fall ist, wie Darwin behauptet, würde die zufällige Veränderung eines einzelnen Teils ohne Berücksichtigung des Ganzen in den meisten Fällen zum Tod des Organismus führen, wie dies bei Studien zur Embryonalentwicklung zu beobachten ist, oder eine „Insel des Dr. Moreau“ der Missgeburten schaffen (was übrigens ein weiterer Roman unseres Anti-Helden H.G. Wells ist).
Die eleganten Kreationen, die wir tatsächlich durch evolutionäre Prozesse entstehen sehen, wären eine extreme Seltenheit in einer solchen Welt des Zufalls.
Nach allem, was wir heute über die unglaublich komplizierten Details der Biochemie wissen, müssten sich die koordinierten Stoffwechselprozesse, die in Tausenden von „Teilen“ ablaufen, samt und sonders als zufällig getrennte Prozesse entwickeln und doch gleichzeitig und in Verbindung mit den anderen funktionierenden Teilen ablaufen. Dies würde Darwins Konzept der Selektion von Zufallsvarianten innerhalb eines koordiniert funktionierenden Ganzen grundsätzlich unmöglich machen.
Die Entwicklung des Auges ist nicht nur eines der Wunder der Evolution, sondern weist auch unzählige Variationen auf, so dass es kein Standardmodell dafür gibt, was ein „Auge“ ist. Sollen wir also glauben, dass diese Entwicklung nicht nur einmal, sondern tausende Male zufällig stattgefunden hat, und zwar bei jeder Spezies mit ihrer eigenen Variante des „Auges“?
In den frühen 1850er Jahren lernte Huxley Darwin kennen, und Mitte der 1850er Jahre arbeiteten sie eng zusammen. Obwohl Huxley Darwins Theorie nie ganz zustimmte, wurde er dennoch ein eifriger Verteidiger und Förderer dieser Theorie.
Zu dieser Zeit gab es in Europa und den Vereinigten Staaten eine starke Opposition gegen Darwin und Huxley. James Dwight Dana (1813-1895), ein Zeitgenosse von T.H. Huxley, gehörte zu den führenden amerikanischen Vertretern dieser Ansicht und argumentierte, dass die Evolution tatsächlich geradlinig verlaufe, wobei er sich auf Beispiele wie die Beobachtung stützte, dass biologische Organismen eine zunehmende „Cephalisierung“ anstrebten. Das heißt, dass die Evolution einen allgemeinen Trend zu immer ausgefeilteren Nervensystemen aufweist, die auf ihre Umwelt reagieren und mit ihr interagieren können. Die Evolution ging also zu immer komplexeren Formen mit immer ausgefeilteren Funktionen über.
Thomas Huxley, „Darwins Bulldogge“, wandte sich jedoch vehement gegen diese Auffassung einer zielgerichteten Ausrichtung der Natur. Es spielte keine Rolle, dass Darwins Theorie nur eine Theorie war, die vieles, was im Evolutionsprozess zu beobachten war, nicht erklären konnte.
Obwohl es den Rahmen dieser Abhandlung sprengen würde, dies im Detail zu erörtern (mehr dazu hier), kann man zwei wichtige Veränderungen nicht leugnen, die in der „modernen Wissenschaft“ als Ergebnis von T.H. Huxleys eifriger Förderung von Darwins Evolutionstheorie eintraten: 1) Die Natur, und somit könnte man sagen das Universum, wurde nicht von einem Zweck, sondern eher vom Zufall regiert, und 2) der Mensch war nur ein Tier, das nicht länger zu den Kindern Gottes gehörte und nicht länger als Teil von etwas Göttlichem oder Heiligem angesehen wurde.
Und wenn der Mensch nur ein Tier ist, was kümmert er sich dann um höhere Wahrheiten? Was braucht ein Tier mehr als die einfachen Formen von Komfort und Glück?
Moderne Wissenschaft erzeugt moderne Religion erzeugt eine moderne Utopie?
Bevor wir auf Aldous‘ Bruder Julian Huxley zu sprechen kommen, möchte ich ein paar Worte zu seinem Vater Leonard sagen.
Leonard Huxley veröffentlichte 1926 sein Werk „Progress and the Unfit“ [Fortschritt und die Untauglichen, Anm. d. Übersetzers], das in der Folgezeit zur Förderung der Eugenik-Bewegung genutzt wurde, der H.G. Wells und Leonards Sohn Julian sehr zugetan waren. Leonard äußerte sich auch wohlwollend über die Ansichten seines Vaters T.H. Huxley und Charles Darwins.
In seinem Buch erörtert Leonard, dass die moderne Wissenschaft nur noch die Interdependenz von Körper und Geist betrachtet, dass die Existenz der Seele von der modernen Wissenschaft diskreditiert wurde und dass die Bedingungen für eine Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen daher ausschließlich auf sozialer und biologischer Ebene liegen müssten.
Er führt weiter aus, dass die moderne Gesellschaft die Vermehrung der Geistesschwachen zu lange geduldet habe und sich damit selbst eine immerwährende Last auferlegt. Er behauptet, dass geistige Defekte (die von kriminellem Verhalten, Geisteskrankheit, körperlichen Missbildungen und Formen geistiger Behinderung bis hin zu Süchten wie Alkoholismus und Glücksspiel, Obdachlosigkeit, massiven Schulden usw. reichen) als vererbbare Eigenschaften zu betrachten wären.
Daher sollten diejenigen, die solche unerwünschten Eigenschaften besitzen, von der Gesellschaft abgesondert oder sterilisiert werden. Er räumt ein, dass solche Maßnahmen unmoralisch erscheinen mögen, dass es aber nur unmoralisch ist, wenn Zwang gegen Personen mit „normaler Intelligenz“ ausgeübt wird; für diejenigen, die als abnormal gelten, die nicht in der Lage sind, sich der Vernunft zu bedienen, würden solche moralischen Maßstäbe nicht gelten. Dies gelte auch für die „niederen“ Rassen, zu denen T.H. Huxley unverblümt die Meinung vertrat, dass die „weiße Rasse“ in der Tat die überlegenste aller Rassen sei und die „schwarze Rasse“ zu den minderwertigsten gehöre.
Was stand mit der „modernen Wissenschaft“ der „Mechanik der erzwungenen guten Zucht“ im Wege, wenn der Mensch als nicht anders als andere Tiere angesehen wurde? Und wenn man der Meinung war, dass wir keine Seele haben, war die Anwendung der so genannten „Moral“ auslegungsbedürftig, wenn nicht sogar völlig irrelevant.
Julian Huxley (1887-1975), der ältere Bruder von Aldous, wurde nach seinem Dienst im Ersten Weltkrieg Fellow am New College in Oxford und arbeitete als „Senior Demonstrator“ in der zoologischen Abteilung der Universität. Im Jahr 1925 wechselte er als Professor für Zoologie an das King’s College London. Nach nur zwei Jahren legte er jedoch seinen Lehrstuhl nieder, um hauptberuflich für H.G. Wells und seinen Sohn G.P. Wells an „The Science of Life“ zu arbeiten.
Für diejenigen, die mit den Ansichten von H.G. Wells nicht allzu vertraut sind, halte ich es für angebracht, ein Zitat aus einem Teil seiner „neuen Bibel“-Trilogie, „Anticipations of the Reaction of Mechanical and Scientific Progress upon Human Life and Thought“ [Vorhersagen zur Reaktion des mechanischen und wissenschaftlichen Fortschritts auf das menschliche Leben und Denken, Anm. d. Übersetzers], die 1901 veröffentlicht wurde, zu zitieren:
Es hat sich gezeigt, dass ganze Massen der menschlichen Bevölkerung in ihrem Anspruch auf die Zukunft anderen Massen unterlegen sind, dass man ihnen keine Chancen geben und ihnen keine Macht anvertrauen kann wie den höheren Völkern, dass ihre charakteristischen Schwächen ansteckend und dem zivilisatorischen Gefüge abträglich sind und dass ihre Bandbreite an Unfähigkeit die Starken verführt und demoralisiert. Ihnen Gleichheit zu gewähren bedeutet, sich auf ihr Niveau zu begeben; sie zu schützen und zu pflegen bedeutet, in ihrer Fruchtbarkeit zu ertrinken.
Ich versichere Ihnen, es gibt darin noch viel mehr solcher Äußerungen.
„The Science of Life“, das auch Teil von Wells‘ „neuer Bibel“-Trilogie war, sollte eine populäre Darstellung aller wichtigen Aspekte der Biologie geben, wie sie in den 1920er Jahren bekannt waren. Es wird als Einführung moderner ökologischer Konzepte gewertet und unterstreicht die Bedeutung des Behaviorismus und der Jungschen Psychologie.
Ganz am Ende des 900 Seiten starken Werks heißt es:
Eine Welt, die eine Zeit lang mit einem Übermaß an sterilen Jazztänzern und Freudenreitern belastet ist, kann ein angenehmerer Weg zur Beseitigung sein als Not und Tod. Das Vergnügen kann erreichen, was Gewalt und Schwert nicht geschafft haben. Die Welt kann es sich leisten; es ist keine Sache, über die man sich aufregen muss. Es ist nur eine Modeerscheinung im großen Stil, diese Phase des sterilisierten „Vergnügens“. Großartig ist daran, dass sie fähig und willens sein sollte, sich selbst zu sterilisieren … Die Typen, die sich um ihre Nachkommenschaft und die Aussichten der Rasse kümmern, werden natürlich die Typen sein, denen die Zukunft gehören wird.
Das ist, ob Sie es glauben oder nicht, H.G. Wells in seiner besten Form, um es sehr diplomatisch auszudrücken. Für Wells ist dies ein ziemlich humaner Vorschlag, da diejenigen, die als biologisch minderwertig gelten, einfach sterilisiert werden, sich aber ansonsten frei in der Gesellschaft bewegen können; frei sind, ein bequemes Leben des Vergnügens in all seinen „Entartungen“ zu leben, ohne dass die Gefahr besteht, dass solche „Verunreinigungen“ in den zukünftigen Rassen der Menschheit weiterleben.
So wird das Zeitalter des Vergnügens effektiver sein als das Zeitalter des Schwertes (wie der Erste Weltkrieg), um die unteren Kasten auf eine „überschaubare“ Anzahl zu reduzieren. Innerhalb einer Generation wird der Menschenbestand geläutert sein und ein „Modernes Utopia“ – ein weiterer Buchtitel von H.G. Wells – kann endlich beginnen. Die Erde wird ein Paradies im Überfluss werden, das größtenteils aus einer höheren Kaste vernünftiger, intelligenter, gesunder und attraktiver Individuen besteht, und wir werden endlich Weltfrieden und Harmonie erlangen, vielleicht bis zur nächsten Säuberung …
Julian Huxley war nicht nur von 1937 bis 1944 Vizepräsident und von 1959 bis 1962 Präsident der „Britischen Eugenischen Gesellschaft“, sondern 1946 auch der erste Generaldirektor der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur), für die er im selben Jahr die Schrift „UNESCO: Its Purpose and Its Philosophy“ verfaßte.
Darin legt Julian die Notwendigkeit einer Weltregierung als einziges Mittel zur Vermeidung von Kriegen dar, und dass die volle Souveränität der einzelnen Nationalstaaten dieser Weltregierung unter einer politischen Einheit übertragen werden sollte, worauf er noch näher eingeht:
Gegenwärtig ist es wahrscheinlich, dass die indirekte Wirkung der Zivilisation eher dysgenisch als eugenisch ist, und in jedem Fall scheint es wahrscheinlich, dass das tote Gewicht der genetischen Dummheit, der körperlichen Schwäche, der geistigen Instabilität und der Krankheitsanfälligkeit, die bereits in der menschlichen Spezies vorhanden sind, sich als zu große Last erweisen wird, um einen wirklichen Fortschritt zu erreichen. Obwohl es also stimmt, dass eine radikale eugenische Politik für viele Jahre politisch und psychologisch unmöglich sein wird, ist es wichtig, dass die UNESCO dafür sorgt, dass das eugenische Problem mit größter Sorgfalt untersucht wird und dass die Öffentlichkeit über die auf dem Spiel stehenden Fragen informiert wird, damit vieles, was heute undenkbar ist, zumindest denkbar wird. (Mehr dazu finden Sie hier)
1928 veröffentlicht H.G. Wells sein Buch „The Open Conspiracy: Blue Prints for a World Revolution“ [Die offene Verschwörung: Blaupausen für eine Weltrevolution, Anm. d. Übersetzers], in dem er dazu aufruft, die Religion zu einer „modernen Religion“ zu reformieren, was nur angemessen sei, da die Wissenschaft auch zu einer „modernen Wissenschaft“ geworden sei. In seinem Konzept der modernen Religion erklärt er, dass es notwendig sein wird, die Religion auf ihre rohen Elemente des Dienens und der Unterordnung zu reduzieren. Wells schrieb 1940 auch „The New World Order“ und hatte zweifellos einen maßgeblichen Einfluss auf Julians Ansichten, als dieser das Manifest für die UNESCO verfasste.
Der Leser sollte auch wissen, dass T.H. Huxley der Mentor von H.G. Wells war und ihn mit den Schriften von Thomas Malthus und Charles Darwin bekannt machte.
(Siehe Teil 1 dieser Serie für eine ausführliche Diskussion darüber, wie H.G. Wells die Werke von Aldous Huxley beeinflusst hat).
Die Abstammung des Menschen im 20. Jahrhundert
Gleich zu Beginn des 20. Jahrhunderts organisierte der einflussreiche internationale Mathematiker-Kongress 1900 eine Konferenz in Paris, Frankreich. Auf dieser Konferenz wurde David Hilbert, ein führender Mathematiker der Universität Göttingen, eingeladen, einen Vortrag über die Zukunft der Mathematik zu halten, in dem er die Notwendigkeit betonte, dass die Mathematik „beweisen muss, dass alle Axiome der Arithmetik konsistent sind“ und „die physikalischen Wissenschaften, in denen die Mathematik eine wichtige Rolle spielt, zu axiomatisieren“.
Was Hilbert in seiner Herausforderung für die Zukunft der Mathematik forderte, war, dass alle wissenschaftlichen Erkenntnisse sozusagen auf die Form der mathematischen „Logik“ reduziert werden können; dass sie in einem Minimum von akzeptierten Wahrheiten und Ableitungsregeln enthalten sind, die durch konsistente und vollständige formale mathematische Beweise bewiesen werden können.
Somit würden alle wissenschaftlichen Erkenntnisse künftig aus solchen mathematischen Modellen abgeleitet werden, es gäbe nichts mehr zu „entdecken“ im typischen Sinne dessen, was wissenschaftliche Untersuchungen im 19. Jahrhundert und früher ausmachte; sie müssten sich nur noch auf das entsprechende mathematische Modell beziehen.
Im Jahr 1900 machten sich Bertrand Russell und Alfred North Whitehead daran, Hilberts Herausforderung anzunehmen, was zu den dreizehn Jahre später veröffentlichten „Principia Mathematica“ führte.
Obwohl Kurt Gödel mit seiner „Unvollständigkeitstheorie“, die die Grenzen der Beweisbarkeit in formalen axiomatischen Theorien aufzeigen, die gesamte Prämisse der „Principia Mathematica“ widerlegen sollte, sind die „Principia Mathematica“ eines der einflussreichsten Werke des 20. Jahrhunderts, das nicht nur die moderne Logik prägte, sondern auch die Grundlage für die spätere Entwicklung der Kybernetik und Systemanalyse durch Russells Schüler Norbert Wiener während des Zweiten Weltkriegs bildete.
Bevor Sie zum Schluss kommen, dass Russell persönlich nicht an die Irrationalität als grundlegende Kraft im Universum glaubte, nur weil er versuchte, dieses Universum zu formalisieren, lohnt es sich, einen Abschnitt aus seiner bitter misanthropischen Sicht der Menschheit zu lesen, die er 1903 in seinem Werk „A Free Man’s Worship“ darlegte:
Dass der Mensch das Produkt von Ursachen ist, die das Ziel, das sie erreichen wollten, nicht vorausgesehen haben; dass sein Ursprung, sein Wachstum, seine Hoffnungen und Ängste, seine Lieben und sein Glaube nur das Ergebnis zufälliger Zusammenballungen von Atomen sind; dass kein Feuer, kein Heldentum, keine Intensität von Gedanken und Gefühlen das individuelle Leben über das Grab hinaus bewahren kann; dass alle Mühen der Zeitalter, alle Hingabe, alle Inspiration, der ganze Mittagsglanz des menschlichen Genies dazu bestimmt sind, im gewaltigen Tod des Sonnensystems unterzugehen, und dass der ganze Tempel der menschlichen Errungenschaften unweigerlich unter den Trümmern eines in Trümmern liegenden Universums begraben werden muss – all diese Dinge sind, wenn auch nicht ganz unbestreitbar, so doch so sicher, dass keine Philosophie, die sie ablehnt, hoffen kann, zu bestehen … Nur innerhalb des Gerüsts dieser Wahrheiten, nur auf dem festen Fundament der unnachgiebigen Verzweiflung, kann die Behausung der Seele fortan sicher errichtet werden.
Ob deterministisch oder zufällig, das Ziel war dasselbe: die Förderung eines Konzepts des Universums, das keinen leitenden Zweck, keine Richtung und keine Moral hat, sondern im Wesentlichen ein Mechanismus ist, der durch ein paar einfache Gesetze entdeckt werden kann. Das war nicht neu, denn die Aufklärung hatte bereits viel dazu beigetragen, den Individualismus, den Skeptizismus und die auf Empirie und Agnostizismus reduzierte „Wissenschaft“ zu betonen.
Mit einer solchen Sichtweise wird unsere Verbindung zum Universum belanglos, da das Universum als etwas Kaltes, Unwissbares und letztlich Totes oder Sterbendes angesehen wird. Ein solches Konzept macht nur noch deutlicher, dass es keinen wirklichen Sinn gibt, dass es keinen Zweck gibt – zumindest keinen, in dem wir einen Platz hätten.
Während des Ersten Weltkriegs verbrachte Aldous Huxley viel Zeit auf Garsington Manor, dem Haus von Lady Ottoline Morrell, einer Geliebten von Bertrand Russell, die (wie Aldous und Julian auch) an das Konzept der offenen Ehe glaubte. Obwohl T.H. Huxley Russells Eltern, Lord und Lady Amberley, kannte, lernte Aldous auf Garsington Manor Bertrand Russell und die Bloomsbury-Gruppe kennen.
Hier lernte er auch seine erste Frau Maria Nys kennen, die vor dem belgischen Krieg floh, die zu Lady Ottoline Morrell eingeladen worden war. Maria, die bisexuell war, hatte sich seit ihrem sechzehnten Lebensjahr auf eine mehrjährige Liebesbeziehung mit Lady Ottoline eingelassen. Maria nahm schließlich Aldous‘ Antrag an, und sie heirateten 1919 in offener Ehe.
Die „Bloomsbury Group“ oder auch „Set“, die sich regelmäßig bei Lady Ottoline traf, war eine Vereinigung von englischen Schriftstellern, Intellektuellen, Philosophen und Künstlern, die zu einem großen Teil den Einfluss von G.E. Moore (der 1903 die „Principia Ethica“ schrieb) und Bertrand Russell widerspiegelte, die zu den Begründern der analytischen Philosophie gehörten. Auch Alfred North Whitehead gehörte zu dieser Gruppe.
Dorothy Parker, amerikanische Dichterin und Schriftstellerin, beschrieb sie in einem berühmten Zitat: „Sie lebten in Quadraten, malten in Kreisen und liebten in Dreiecken“.
Aldous Huxley pflegte eine lose Verbindung zur Bloomsbury-Gruppe. Es scheint, dass Aldous eine ähnliche Einstellung zu Russell hatte wie zu Wells. Obwohl er eine ernsthafte Abneigung gegen beide Männer zu haben schien, wurde er dennoch stark von ihren Werken beeinflusst. 1932 erklärte Russell in einem Brief an seinen Verleger, dass „Brave New World“ „lediglich eine Erweiterung der beiden vorletzten Kapitel seines Werks ‚The Scientific Outlook'“ sei und fügte hinzu, dass „die Parallelität in vielen Details zutrifft, z. B. das Verbot von Shakespeare und das Rauschmittel, das keine Kopfschmerzen verursacht.“ Russell erwog sogar, Aldous des Plagiats zu bezichtigen, wovon ihm sein Verleger jedoch abriet.
In Russells „The Scientific Outlook“, das 1930 veröffentlicht wurde, beschreibt er ein Kastensystem mit der Notwendigkeit zweier getrennter Erziehungsformen, eine für die Elite der herrschenden Klasse und die andere für die Sklavenklasse. Die herrschende Klasse soll sich mit der Verbesserung der wissenschaftlichen Technik befassen, während „die Arbeiter durch immer neue Vergnügungen zufriedengestellt werden [sollen].“
Aldous greift diesen Gedanken in seiner „Brave New World Revisited“ auf, wo er schreibt:
Die alten Diktatoren sind gestürzt, weil sie ihre Untertanen nicht mit genügend Brot, genügend Zirkus, genügend Wundern und Mysterien versorgen konnten.
Obwohl behauptet wird, Aldous habe „Brave New World“ als Satire auf die Werke von H.G. Wells und anscheinend auch auf die Werke von Russell geschrieben, ist dies, wie bereits in Teil 1 gezeigt, nicht wahr. Aldous nimmt die Ideen von Wells und Russell in seine Werke auf, und obwohl er diese Männer nicht leiden konnte, widerspricht er ihren Ansichten in keiner seiner Schriften oder Vorträge. Die gesamte Prämisse seines 1958 veröffentlichten „Brave New World Revisited“ bekräftigt vielmehr genau diese Ansichten.
Aldous macht unmissverständlich klar, dass er die Welt für überbevölkert hält; dass dies eine Krise sei, die eingedämmt werden müsse, und dass Wissenschaft und Fortschritt nicht unbegrenzt fortschreiten dürften. Auch in seinem letzten Roman „Das Eiland“ greift er genau diese Themen wieder auf.
In „Brave New World Revisited“ schreibt er:
Der jährliche Anstieg der Zahlen sollte reduziert werden. Aber wie? Wir haben zwei Möglichkeiten – Hungersnot oder Pest und Krieg auf der einen Seite, Geburtenkontrolle auf der anderen … Wie kann man diejenigen, die die Pille nehmen sollten, aber nicht wollen, davon überzeugen, ihre Meinung zu ändern?… Indem man die Geburtenrate in den industriell rückständigen Gesellschaften reduziert, wo eine solche Reduzierung am dringendsten notwendig ist?… Oder denken Sie an die rückständigen Gesellschaften, die jetzt versuchen, sich zu industrialisieren. Wenn sie Erfolg haben, wer soll sie dann daran hindern, in ihrem verzweifelten Bemühen, aufzuholen und mitzuhalten, die unersetzlichen Ressourcen des Planeten so dumm und mutwillig zu verschwenden, wie es ihre Vorläufer getan haben und immer noch tun?
Hier brauchen wir nur das Wort „Pille“ durch „Sterilisation“ zu ersetzen, und es hat sich nicht viel geändert.
Wie im „Guardian“ veröffentlicht, „war Huxley für genetische Zuchtprogramme, um die Vermehrung der Untauglichen zu stoppen. In einem besonders unappetitlichen Artikel, der 1930 im Evening Standard veröffentlicht wurde, gestand er seine Besorgnis über die Vermehrung von Geisteskranken und forderte deren Zwangssterilisation.“
„Brave New World“ wurde ein Jahr später, 1931, geschrieben.
Es sieht so aus, als ob der Apfel doch nicht zu weit vom Stamm gefallen ist …
[In Teil 3 wird Aldous‘ Rolle bei der Gründung des Esalen-Instituts, der Vedanta-Gesellschaft, seine Beziehung zu William Sargant und dem MKUltra-Programm der CIA sowie die Art und Weise, wie Aldous‘ Form der ideologischen Spiritualität die Drogen-Gegenkultur-Bewegung prägte, behandelt.]