Jürgen Elsässer: Weder „Symbol“ noch Vorbild
Warum jeder, dem die Zukunft seriöser alternativer Medien am Herzen liegt, sich gegen das Zitierkartell, dessen Teil Elsässer ist, wehren muß.
Nun habe ich natürlich was gesagt. Worüber manche sich zweifellos echauffieren und mir wahrscheinlich sogar „Verrat“ vorwerfen werden, statt die Sache mit kühlem Kopf und gesunder Skepsis anzugehen. Bei solchen Vorfällen – was schonmal der erste Fehler ist – kochen meistens schnell die Emotionen hoch. Was in diesem Fall auch gewünscht ist, erst recht von Seiten desjenigen Zitier- und Desinformationskartells innerhalb der „alternativen Medien“, das jetzt ganz bewusst an der Eskalationsschraube dreht. Nicht aus Sorge um die Pressefreiheit, sondern in einem Versuch, ein Meinungsmonopol aufzubauen. Deshalb ist es umso wichtiger, bei klarem Verstand zu bleiben.
Es gibt einen Aspekt an dieser Sache, der in der ganzen verständlichen Aufregung um das Vorgehen des Innenministeriums untergeht, aber dringend angesprochen werden muß – auch in Zukunft und zum Wohl echter alternativer Medien. Denn es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen aufrichtiger, authentischer Empörung über etwas, das man als ungerecht empfindet, und dem Versuch, diese Empörung in gewohnt scham- und skrupelloser Weise auszuschlachten, um durch irreführende, maßlos übertriebene, bewusst hysterisierende und sensationalistische Schlagzeilen die Meinungshoheit bzw. Kontrolle über die alternativen Medien an sich zu reißen – so wie es dieses Zitierkartell nun zum wiederholten Male tut. Daß es dabei nicht um die Meinungs- oder Pressefreiheit geht, zeigt sich schon daran, daß diese verlogene Bande andere, weitaus besser und seriöser arbeitende Journalisten stets ignoriert und totzuschweigen versucht, weil sie entweder andere Ansichten vertreten oder ihre Falschbehauptungen auseinandernehmen.
Wenn die „Zeit“ also (in einem Artikel vom 19.7.) schreibt „… die Szene solidarisiert sich“, dann ist das aus zwei Gründen nicht ganz richtig und erweckt einen falschen Eindruck: Erstens „solidarisierte“ sich in den ersten Stunden nach Bekanntwerden der Razzia – wie ich als Augenzeuge selber beobachten durfte – zunächst mal nur dieses (sich untereinander absprechende) Zitierkartell, das nicht mit der gesamten „Szene“ verwechselt werden darf. Es sollte sofort der Eindruck erweckt werden, Elsässer sei ein regelrechter „Märtyrer“ für die Meinungsfreiheit. Eine Rolle, die ihm aus Gründen, die ich weiter unten erläutern werde, nicht zusteht. Das Vorgehen bei diesen Leuten ist – auffällig genug – immer dasselbe: Noch bevor überhaupt klar war, worum genau es eigentlich geht, noch bevor auch nur eine einzige wirklich gesicherte Information vorlag, wurde sofort die Stimmung gezielt aufgeheizt in einer Weise, als könne nun jeder Bewohner Deutschlands einfach so in einen Gulag gesteckt werden. Jeder müsse sich sofort mit Elsässer solidarisieren. Ich habe selten so herzlich gelacht.
Seriöse, sauber arbeitende alternative Journalisten müssen sich schon aus Eigeninteresse dagegen wehren. Weil die freie Meinungsbildung im Internet gefährdet wäre, würden nur noch solche Desinformanten und Manipulateure die größte Reichweite erzielen. Dann gäbe es nämlich gar keine – echten – alternativen Medien mehr.
Nun zum Offensichtlichen des Falles: Zur Meinungsfreiheit gehört selbstverständlich auch, sehr kontroverse oder gar „dumme“ Meinungen vertreten zu dürfen. Mangelnde Geschichtskenntnis und ideologische Verblendung, wie ein Elsässer sie immer wieder an den Tag gelegt hat, sind noch keine „Verbrechen“, die eine Razzia und die Beschlagnahmung (!) des gesamten Vermögens rechtfertigen würden. Zu Nancy Faeser brauche ich wohl auch nicht mehr viel zu sagen – manche ihrer Äußerungen der jüngeren Zeit waren zweifellos fragwürdig. Dennoch könnte dieser Fall komplizierter liegen und man sollte sich hüten, hier vorschnell Partei zu ergreifen – dies könnte denjenigen, die sich jetzt vorschnell „solidarisieren“, ebenso schnell auf die Füße fallen – und zu behaupten, das Innenministerium hätte Elsässer nur aus purer Willkür unter Beschuß genommen. Inwieweit hier behördlicherseits über die Stränge geschlagen wurde, wird auf rechtlicher Ebene sicher noch zu klären sein.
Da ich selber journalistisch und publizistisch tätig bin, sollte klar sein, daß ich mir Äußerungen wie die folgende nicht bieten lassen und dagegen ankämpfen werde.
Stefan Magnet, Chefredakteur oder besser gesagt, Guru einer Sekte namens „AUF1“, die irrtümlicherweise als „alternativer“ Kanal bezeichnet wird (und zu besagtem Zitierkartell gehört), ließ nun endgültig sämtliche verbliebenen Hemmungen fallen und es sich nicht nehmen, folgenden völlig inakzeptablen Quatsch zu verbreiten:
„Der Name Elsässer steht nun symbolisch für die Pressefreiheit in Deutschland und Europa“.
Solche Äußerungen müssen angesichts von Elsässers Verhalten fassungslos machen.
Um es klarzustellen: Jürgen Elsässer ist KEIN Journalist, sondern politischer Aktivist, Propagandist und Agitator – letzteres vor allem im Sinne des Kreml. Deshalb kann er unmöglich „symbolisch“ für Journalismus oder Pressefreiheit stehen. Jemand, der so einseitig vorgeht, so voreingenommen und politisch verbohrt wie er, ist definitiv kein „Symbol“ oder ein „Vorbild“. Selbstverständlich wehre ich mich dagegen, daß so jemand auch für mich und meine Arbeit „repräsentativ“ sein soll. Das ist eine Zumutung.
Zur Verdeutlichung meiner Position nachfolgend einige von Elsässers größten Hits (aus dem Artikel „Innenministerium verbietet »COMPACT«-Magazin von Jürgen Elsässer“ des Publizisten Alexander Benesch vom 16. Juli):
„Auch Mussolinis »Marsch auf Rom« war eine gut geplante Operation mit der vorhergehenden Einnahme vieler Rathäuser in der Provinz, und Lenins Oktoberrevolution war nichts anderes als ein vorzüglich geplanter Militärputsch mit übergelaufenen zaristischen Truppenteilen.“
„Nichts anderes“ als ein „vorzüglich“ geplanter Militärputsch, bei dem Lenin persönlich die Anweisung erteilte, politische Gegner zu verfolgen und „gnadenlos umzubringen“ (siehe dazu Wolfgang Kriegers Buch „Geschichte der Geheimdienste“).
Elsässer: „… im Februar werden wir einen Toast auf Sir Arthur Harris ausbringen, dessen Luftflotte den sowjetischen Panzern ihren Vormarsch nach Berlin freibombte. Und am 8. Mai würden wir uns gerne von Spezialisten des Mossad zeigen lassen, wie man deutsche Tornados sprengt. Just in case.“
„Hoch lebe Ho Chi Minh und das vietnamesische Volk. […] Hoch lebe Hisbollah! […] Mögen Syrien, Iran, Russland, Venezuela, Kuba und China das Pulver trocken halten.“
„Lang lebe die New Model Army des Genossen Mao tse Tung! Eure weißen Lackstiefel werden den Yankee-Imperialismus in den Staub der Geschichte treten!“
Yeah, Baby: Lang lebe die Armee des hochgradig paranoiden Psychopathen Mao, dessen „Experiment“ Millionen Menschen zum Opfer fielen:
„Mao litt an einer multiplen Persönlichkeitsstörung mit psychopathologischen Zügen, einer narzisstischen und einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Außerdem fand er großen Gefallen an extremer Gewalt.“ (siehe dazu den Artikel „Psychology of Evil – Mao’s Terrifying Vision“).
Und so geht es in einem fort.
Zum Abschluß der Zitatereihe noch ein Schmankerl (aus Beneschs Artikel):
„»Wir wollen einfach das Regime stürzen«, hieß es. Am 3. Oktober 2023 meinte er auf einer Veranstaltung in Gera, im Osten einen »eigenen Staat namens DDR« wieder aufzurichten. „Wir haben doch einen Reichskanzler in Gestalt von Björn Höcke.“
Reichskanzler Höcke. Eigener Staat „namens DDR“. Mit so jemandem lasse ich mich nicht in einen Topf werfen. Elsässer steht definitiv nicht „symbolisch für die Pressefreiheit“ und somit andere Journalisten, nicht in Deutschland und schon gar nicht in ganz Europa. Das ist grotesk.
Vor allem auch, weil Elsässer nicht gerade viel Respekt vor der Meinungsfreiheit anderer zeigte. Benesch hat Recht, wenn er schreibt – was ich aus eigener Beobachtung bestätigen kann:
„… er »weinte keine Träne« für Tschetschenien, er hatte kein Mitleid mit der Zerstörung von russischen Dissidenten […] Typisch für Elsässer ist die massive Gefühlskälte gegenüber anderen, und gleichzeitig die hysterische Beanspruchung der Opferrolle und des Märtyrerstatus, wenn er selbst einmal negative Konsequenzen erlebt. […] Die Compact wollte das rechte Publikum abmelken […] Elsässer […] forderte noch in den 1990er Jahren (!) eine strenge Medien-Zensur. […] Elsässer beklagt aktuell die Razzia durch die Polizei und pocht auf Pressefreiheit. Gleichzeitig ist er bekannt dafür, sich nicht darum zu scheren, wie in seinem geliebten Mütterchen Russland Dissidenten regelrecht vernichtet werden und Leute selbst für kleinste Kritik am Ukraine-Krieg bestraft werden.“
Doch jetzt wird es richtig interessant:
„Vor wenigen Jahren erkundigten sich Abgeordnete der Partei DIE LINKE bei der Bundesregierung, welche Verbindungen das COMPACT-Magazin hat zu rechtsextremen Kreisen und ausländischen Regierungen bzw. deren Tarnorganisationen. Was über die offensichtlichen Dinge hinausgeht, ist so geheim, dass nicht einmal Abgeordnete unter Verschlusssache-Einstufung in einem Geheimschutzraum die Akten einsehen durften.“
Warum dem so ist, wurde bisher nicht geklärt. Die Bundesregierung verweigerte eine Antwort – aus Sicherheitsgründen. Das ist deshalb problematisch, weil das Argument des Schutzes „nationaler Sicherheitsinteressen“ natürlich auch kräftig mißbraucht werden kann. Da bislang noch nicht mehr veröffentlicht wurde, ist allerdings unklar, ob und falls ja, in welcher Weise Elsässer und „COMPACT“ möglicherweise Propaganda- oder vielleicht sogar destabilisierenden Zwecken dienten.
Abseits solcher Überlegungen: „COMPACT“ wirbt für sich selbst mit dem Slogan „Mut zur Wahrheit“. Und so sieht diese „Wahrheit“ aus: Alles Westliche stets verteufeln, geisteskranke Diktatoren mit Massenmordfantasien wie Mao feiern, Putin permanent zu Jesu Zwillingsbruder und Frucht unbefleckter Empfängnis verklären. Wie gesagt: Es gehört zur Presse- und Meinungsfreiheit, auch solche Ansichten vertreten zu dürfen.
Aber ein Symbol für aufrechten Journalismus und Pressefreiheit ist Elsässer eindeutig nicht – erst recht, wenn so jemandem die Freiheit anderer Menschen aus politischen Gründen stets herzlich egal war auch dann, wenn sie dafür sogar ihr Leben verloren.