Was macht der Josef bei Telepolis? Wie Sie der „schönen“ neuen Onlinewelt wirksam begegnen
Artikelbild: Leonardo.ai
Das 1996 gegründete Online-Magazin „Telepolis“ soll mehreren Meldungen zufolge, die derzeit im Internet kursieren, sage und schreibe fast 50.000 (!) Artikel aus einem Zeitraum von etwas mehr als 25 Jahren gelöscht haben. Die offizielle Begründung des neuen Chefredakteurs lautete auf „Qualitätssicherung“: Man könne nicht sicherstellen, dass alle Texte aus dieser Zeit hohen Standards genügten.
Ich brauche es nicht zu erwähnen, oder? Na gut: Solche Argumente sind natürlich dünner als ein Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Es ist grotesk lächerlich. Eric Arthur Blair schrieb dazu einmal:
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
Selbst wenn ältere Artikel vielleicht die eine oder andere mittlerweile revisionsbedürftige Information enthalten, wäre das selbstverständlich kein Grund zur Löschung. Texte entstehen, trivial genug, immer auf Basis des Wissensstandes zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nur weil sich das Wissen erweitert bzw. ändert, ist das kein Grund, den Stalin zu tanzen.
Ehrlich gesagt sind mir die genauen Gründe für die fatal falsche Entscheidung der neuen Telepolis-Führung egal. Wer meint, in einer Art „vorauseilendem Gehorsam“ alles entfernen zu müssen, was sich im Nachhinein – in der Zukunft – eventuell als unvollständig oder stellenweise gar falsch erweisen könnte, braucht keinerlei Zensurgesetze mehr, sondern trägt bereits eine monströse Schere im eigenen Kopf mit sich herum. Das ist erbärmlich.
Stattdessen möchte ich ein ein paar einfache Tipps geben, wie man solchen neostalinistischen Säuberungsaktionen wirksam begegnen kann – ganz ohne größeren Aufwand. Ich war erstaunt, als mich neulich jemand fragte, ob ich eine Methode zur Sicherung von Webseiten wüßte, denn man könne sich mittlerweile selbst auf die allseits bekannte „Wayback Machine“ oder andere Seiten zur Archivierung von Internetquellen nicht mehr sicher verlassen.
Mein Erstaunen war der Tatsache geschuldet, dass es eine viel näherliegende, ganz einfache Methode gibt: Soll es wirklich schnell gehen, markiere man den Text eines Artikels mit der Maus, kopiere ihn in ein Textverarbeitungsprogramm und speichere die Datei unter einem aussagekräftigen Namen. Wenn Sie also den Eindruck haben, auf wichtige Informationen gestossen zu sein, die, sei’s aus politischen oder anderen Gründen, „heikel“ sind und schnell einer Zensur/Löschung anheimfallen könnten, wäre dies die schnellste Methode, um ein Backup anzulegen. Einziger Wermutstropfen: Es gibt Seiten, die das Kopieren von Texten tatsächlich unterbinden.
Ich selbst hatte diese Methode übrigens auch schon in Erwägung gezogen, nachdem ich feststellen durfte, dass einige „Kollegen“ der alternativen Asozialen-Szene sich regelmäßig bei mir bedienten, selbstverständlich ohne jede Verlinkung: Da werden gerne Artikel gemopst, gekürzt (wobei wichtige Informationen verschwiegen werden) und in der Ich-Form umgeschrieben, um den Eindruck einer eigenen Recherche zu erwecken. Letztendlich habe ich doch davon abgesehen – schließlich gibt es keinen Grund, alle Leserinnen und Leser für das Verhalten einer kleinen Gruppe ehrloser Wichte zu bestrafen.
Ansonsten greift man eben auf Archivierungsdienste zurück. Was die Wayback-Machine betrifft, durfte ich allerdings schon die Erfahrung machen, dass nicht alle Seiten archivierbar sind. So wollte ich zum Beispiel einmal einen Artikel einer englischen Zeitung über die Ergebnisse einer polizeilichen Ermittlung zu den Beziehungen des berüchtigten Pädophilen Jimmy Saville zum „englischen“ Königshaus sichern. Dies war leider nicht möglich; die Wayback Machine spuckte dazu nur die lapidare Meldung aus, eine Archivierung der Seite sei „nicht möglich“. Das war gerade bei diesem Thema zwar nicht gerade überraschend, aber trotzdem ärgerlich.
Wenn Sie sichergehen wollen, können Sie ein Programm wie z.B. den „Website Ripper Copier“ benutzen. Es kostet ca. 50 Euro und ermöglicht das lokale Speichern von Webseiten auf Ihrem PC, so dass Sie die betreffenden Artikel auch offline lesen können. Dadurch machen Sie sich von Internetdiensten zur Archivierung unabhängig. Die Software bietet vielfältige Möglichkeiten, ein Backup anzulegen. So können Sie beispielsweise die Archivierungs-„Tiefe“ festlegen: Soll nur der Artikeltext mit den Hyperlinks gesichert werden, oder auch alle im Text enthaltenen Bilder, Videos sowie alle anderen Links der Seite, die zu externen Quellen führen? In den meisten Fällen reicht eine Tiefe von „0“ völlig, soll heißen: Nur der Text mit den Hyperlinks (will man mehr, muß man zuweilen sehr lange warten, bis der Prozess abgeschlossen ist, desweiteren ist extrem viel Speicherplatz nötig).
Auf diese Weise habe ich in den letzten drei Jahren ein Archiv von ca. zweihundert Artikeln angelegt, nachdem eine Archivierungsseite, die ich zuvor regelmäßig nutzte, plötzlich nicht mehr erreichbar war – und zwar für satte zwei Jahre (mittlerweile ist sie wieder online).