Anmerkungen zum Gastbeitrag von DWB („Gute Nacht, süsser Prinz)
Es ist natürlich sehr betrüblich, wenn ein Blog, der aus dem geistig nährstoffarmen Babybrei der meisten irrtümlicherweise so genannten „alternativen“ Medien weit herausragt, erst recht aus den das Internet mit ihrem Hirnkot täglich überflutenden, zahlreichen Telegramtoiletten, das Handtuch wirft. So wie es bei meinem Partnerblog DWB der Fall war. Verzeihung, ist – denn der Blog bleibt ja als Archiv weiter bestehen.
Ich verstehe den Frust dahinter ganz hervorragend. Selbstverständlich ist es ärgerlich, wenn z.B. gekaufte Opposition bzw. Scheinwiderstand wie der AfD- und FPÖ-Werbesender AUF1, geleitet vom künstlich zum „Meinungsführer“ aufgebauten Stefan Magnet, hunderttausende Opfer Zuschauer und Leser erreicht, während einem um Welten besseren Portal die Besuchszahlen wegbrechen.
Dennoch werde ich die Arbeit an meiner Webseite nicht einstellen. Natürlich nicht. Aus einem naheliegenden Grund: Ich spiele hier kein Zahlenbingo. Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, mich irgendeinem „Massengeschmack“, einem „Trend“, einer „Mode“ oder sonstwas anzubiedern, nur um mehr Aufrufe zu erzielen, populärer zu werden, eine höhere Reichweite zu erzielen etc. Ich werde ganz sicher auch nicht auf den dümmlichen Trump-, Musk- und AfD-Zug aufspringen, nur weil eine selbsternannte Elite glaubt, ich wäre so bescheuert, allem zu „folgen“, was man mir an Bauernfängern vorsetzt. Weil sie glaubt, ich wäre ein beliebig formbares Knetmännchen. Go fuck yourself.
Ich werde das alles nicht tun, weil ich verstanden habe, wie dieser kollektivistische Massenformierungs- und Gefolgschaftskult funktioniert. Und vor allem, daß er genau diesem Zweck dient: der Aufmerksamkeitsbindung, ungeachtet aller Fragen nach inhaltlicher Substanz und Qualität.
Zur Erinnerung nochmal Zbigniew Brzezinski, der dieses Prinzip der Aufmerksamkeitsbindung und des Massen-Nudgings in seinem Buch „Between Two Ages: America in the Technetronic Era“ bereits Anfang der 1970er Jahre sehr treffend beschrieb [meine Hervorhebungen]:
„In der technetronischen [=technokratischen, meine Anmerkung] Gesellschaft scheint der Trend zur Aggregation der individuellen Unterstützung von Millionen unkoordinierter Bürger zu gehen, die leicht in der Reichweite magnetischer und attraktiver Persönlichkeiten liegen, die die neuesten Kommunikationstechniken nutzen, um Emotionen zu manipulieren und den Verstand zu kontrollieren“ (S. 19)
Nunja. Jetzt kann man sich natürlich über den „Magnetismus“ und die „Attraktivität“ so mancher Kackfressen im Zitierkartell streiten, aber das ist nicht der Punkt: Entscheidend ist, daß man durch Anwendung des „Popularitäts-“ bzw. „Reichweiten-Tricks“ eben jene „individuelle Unterstützung von Millionen unkoordinierter Bürger“ sicherzustellen versucht, von der Brezinski sprach.
Wie hieß es im „Studienkurs“ zur Technokratie doch so „schön“?
„… ein Bildungssystem, das die gesamte jüngere Generation ungeachtet aller anderen Erwägungen als der angeborenen Fähigkeiten ausbildet – ein kontinentales System der menschlichen Konditionierung.„
Apropos Konditionierung bzw. Dressur. Wie oft hatte ich dieses Zitat schon gebracht:
Fichte statuierte, dass die Erziehung darauf abzielen sollte, den freien Willen zu zerstören, so dass die Schüler, nachdem sie die Schule verlassen haben, für den Rest ihres Lebens unfähig sein sollten, anders zu denken oder zu handeln, als es ihre Schulmeister wünschten. Aber zu seiner Zeit war dies ein unerreichbares Ideal: Das seiner Meinung nach beste System, das es gab, brachte Karl Marx hervor. In der Zukunft werden solche Misserfolge nicht mehr vorkommen, wenn es eine Diktatur gibt. Ernährung, Injektionen und Anordnungen werden schon in jungen Jahren kombiniert werden, um die Sorte von Charakter und die Art von Überzeugungen hervorzubringen, die die Obrigkeit für wünschenswert hält, und jede ernsthafte Kritik an den Machthabern wird psychologisch unmöglich. Selbst wenn alle unglücklich sind, werden sich alle für glücklich halten, weil die Regierung ihnen sagt, dass sie es sind. – Bertrand Russell, „The Impact of Science on Society“, Kapitel „Scientific Technique in Oligarchy“, US-Kongreßbibliothek, Katalognummer 68-542901953, S. 50
Genau dieser Zustand liegt heute vor. Leider war diese Methode äußerst erfolgreich. Was auch der Grund ist, warum so viele es vorziehen, lieber immer der größten Herde hinterherzulaufen, statt unter Aufwendung nur eines Minimums an Hirnstrom sofort zu erkennen: Natürlich gibt es keine zwangsläufige Korrelation zwischen „Follower“- oder Leser- und Zuschauerzahlen und inhaltlicher Qualität. Erfolgreich Dressierte hingegen „denken“: Na, wenn der/die so viele „Follower“ hat, wird ja wohl was dran sein. Meine Fresse.
Deshalb gebe ich Jack Shit darauf, ob irgendjemand „mehr Aufrufe“ erzielt als ich. Nicht vergessen:
… in Anbetracht des Gesetzes der natürlichen Auslese war man sich einig, dass eine Nation oder eine Welt von Menschen, die ihre Intelligenz nicht nutzen wollen, nicht besser sind als Tiere, die keine Intelligenz haben. Solche Menschen sind Lasttiere und Steaks auf dem Tisch, freiwillig und mit Zustimmung. (Quelle)
Also: Wer seine Intelligenz nicht nutzen will, sondern lieber sein Leben lang wie ein Babyelefant im Zirkus durch Reifen springt, die andere ihm hinhalten – Pech gehabt.
Es liegt eben nicht immer nur an „denen da oben“. Auch das Publikum ist gefragt. Und wenn ein Teil dieses Publikums keine Lust hat, von seiner Intelligenz Gebrauch zu machen: Pech gehabt. Ich sage es ungerne, aber Joachim Gauck hatte wirklich nicht ganz Unrecht, als er sagte: „Nicht die Eliten sind das Problem, die Bevölkerungen sind das Problem.“ Zumindest ein Teil davon, ja.
Andererseits sollte man auch nicht überdramatisieren, denn im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung erzielt ein AfD- und FPÖ-Werbeportal wie AUF1 zwar – angeblich – hunderttausende Leser und Zuschauer, aber eben nicht alle Menschen dieses Landes. Wie gesagt: Sofern die Zahlen überhaupt stimmen. Auch darauf hatte ich bereits hingewiesen: Es ist heute ein Leichtes, sowas herbeizumanipulieren. Follower, Retweets, Shares,Videoaufrufe etc.: Kann man alles kaufen. Eine kleine Auswahl mag genügen:
Wenn also ein kollektivistischer Gefolgschaftskultist und Sektenführer wie Oliver Janich wochenlang auf den Video-Aufrufzahlen eines Nutzdeppen wie Tucker Carlson herumreitet – ja woher soll ich denn wissen, ob diese Zahlen überhaupt echt sind? Wenigstens so weit sollten große Buben und Mädchen doch denken können, oder nicht? Aber selbst wenn sie echt wären: Woher soll ich wissen, ob sämtliche dieser „Viewer“ Carlsons Inhalten überhaupt zustimmen? Es könnte ja sein, daß, sagen wir mal, 50 oder 60% anderer Meinung waren oder Carlsons machtelitär nützliches Gelaber für Schwachsinn gehalten haben. Doch auf solche feineren Differenzierungen gehen Gefolgschaftskultisten und Sektenführer natürlich nicht ein. Können Sie auch gar nicht. Sie haben ja keine andere Wahl, als ihre scheinbare „Legitimität“ mit dem „Mehrheits“-Argument zu „begründen“ – sonst würde die massenhafte Aufmerksamkeitsbindung natürlich nicht funktionieren.
„Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen’gen nur gewesen. Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen“ – Friedrich Schiller
„Eine Masse ist grundsätzlich impulsiv, beweglich, irritierbar, suggestibel, leichtgläubig, besessen von schlichten Ideen, intolerant und diktatorisch.“ – Gustave Le Bon, „Psychologie der Massen“
„Die Meinungsbildung in der Masse erfolgt durch geistige Übertragung und Nachahmung.“ – ebda.
„Meistens sind die Führer keine Denker, sondern Männer der Tat. Sie haben wenig Scharfblick und könnten auch nicht anders sein, da der Scharfblick im Allgemeinen zu Zweifel und Untätigkeit führt. Man findet sie namentlich unter den Nervösen, Reizbaren, Halbverrückten, die sich an der Grenze des Irrsinns befinden.“ – ebda.
Also warum sollte ich einfach so aufgeben? Soll ich einfach hinschmeissen, weil Propagandamüll wie dieser hier möglicherweise mehr Aufrufe erzielt?
Welch ein Elend.
Ich werde mich auch weiterhin bemühen – so wie in den letzten vier Jahren – sehr gute bis herausragende Qualität zu liefern. Auch wenn manche jetzt sicher fragen würden: „Wenn deine Seite doch angeblich so gut ist, warum hat sie dann nicht so viele Leser wie Boris Reitschuster?“.
Worauf ich wahrheitsgemäß antworten würde:
„Wenn du dein Gehirn weiter so überanstrengst, wirst du genauso smart sterben, wie du geboren wurdest.“