Silicon Valley ist mit dem nationalen Sicherheitsstaat verschmolzen – Patrick M. Wood
Die Technokraten im Silicon Valley sind mit den Technokraten des nationalen Sicherheitsstaates verbunden. Das ist der Klebstoff, der sie verbindet. Ihr gemeinsames Ziel ist es, eine wissenschaftliche Diktatur zu errichten, die die gesamte Bevölkerung direkt kontrolliert, während „Außennseiter“ als Sicherheitsrisiken verurteilt werden.
Quelle: Silicon Valley Is Fused With the National Security State
Im Juni 2021 veröffentlichte der Nationale Sicherheitsrat der USA eine neue „Nationale Strategie zur Bekämpfung des inländischen Terrorismus“1. Während sie weitgehend als Instrument zur Bekämpfung der weißen Vorherrschaft und des politischen Extremismus dargestellt wird, ist die Definition des Begriffs „inländischer Terrorist“ unglaublich vage und basiert auf Ideologien.
In einem Podcast mit einer meiner Lieblingsjournalistinnen, Whitney Webb2, weist der Moderator von „Media Roots Radio“, Robbie Martin, darauf hin, dass dies eine große Gefahr darstellt, die mit den Versuchen einer verstärkten Überwachung und Verfolgung der Daten der Amerikaner nach dem 11. September zusammenhängt.3
Der „Krieg gegen den Terror“, der nach den Anschlägen vom 11. September begonnen wurde, so Martin, „war nur der Auftakt zu einem größeren innerstaatlichen Vorgehen gegen politisch Andersdenkende“4. Webb stimmte dem zu und erklärte, dass wir uns bereits „am unteren Ende des rutschigen Abhangs“ befinden und es nicht unwahrscheinlich ist, dass eines Tages jeder, der mit der Regierung nicht einverstanden ist, als inländischer Terrorist eingestuft und eines Verbrechens angeklagt werden könnte.
Kriminalisierung von Ideologie, die sich gegen die herrschende Klasse richtet
Die Rechtfertigung für den Krieg gegen den Terror war die Bekämpfung von „Pre-Crime“, also von Terrorakten, bevor sie geschehen. Ursprünglich war die Gesetzgebung für ausländische Regierungen und Einzelpersonen gedacht, aber es sind Gesetzesentwürfe anhängig, die die Gesetzgebung auf Amerikaner in den USA anwendbar machen würden.5
Der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald erklärte, dass das Endziel des neu entstehenden Krieges gegen den inländischen Terrorismus darin besteht, „im Wesentlichen jede oppositionelle Ideologie gegenüber der herrschenden Klasse zu kriminalisieren“, und fügte hinzu: „Es gibt buchstäblich nichts, was gefährlicher sein könnte, und es ist keine Panikmache, das zu sagen“6.
Dies ist kein parteipolitisches Problem, sondern etwas, das seit Jahrzehnten in Arbeit ist. Greenwald erklärte, dass die Ansicht, in Washington träten Demokraten und Republikaner gegeneinander an, wobei die eine Seite „dein Team“ und die andere „dein Feind“ sei, ein Irrglaube sei, da in Wirklichkeit ein und dieselbe Elite an der Macht sei7:
„Es gibt eine herrschenden elitäre Klasse, die sich mit den etablierten Flügeln beider Parteien äußerst wohlfühlt … die sie gleichermaßen finanzieren, weil das die Leute sind, die ihrer Agenda dienen. Dann gibt es eine ganz andere Gruppe von Menschen, auf deren Kosten sie regieren. Einige betrachten sie als links, andere als rechts“, aber „es ist an der Zeit, diese Barrieren niederzureißen“.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die USA bereits über aggressive Strafgesetze verfügen, so dass in den USA mehr Menschen inhaftiert sind als irgendwo sonst auf der Welt.8 Brauchen wir weitere Gesetze, um Menschen zu kriminalisieren? Es hat auch eine besorgniserregende Wende stattgefunden, indem sich der Schwerpunkt auf das FBI verlagert hat, das dieses neue Modell des Terrorismus auf die Tagesordnung gehoben hat, während die Bedeutung von Begriffen wie „Aufstachelung zur Gewalt“ radikal erweitert worden ist.
„Sie wird begleitet von viralen Aufrufen in den sozialen Medien, mit dem FBI zusammenzuarbeiten, um die eigenen Mitbürger zu verraten („See Something, Say Something!“), und von Forderungen nach einem neuen System der Inlandsüberwachung“, schrieb Greenwald.9
Personen, die „Desinformationen“ verbreiten, werden als Extremisten eingestuft
Man muss nicht gewalttätig sein, um zum Terroristen erklärt zu werden. Es genügt, Ansichten zu vertreten, die die Regierung als „extremistisch“ einstuft, oder man kann beschuldigt werden, Desinformationen zu verbreiten – obwohl es keine klare Definition dafür gibt, was „Desinformation“ ist. Laut Webb10:
„In der Strategie für den inländischen Terrorismus ist die Rede davon, dass Menschen, die Desinformationen verbreiten, auch als Extremisten und als Bedrohung für die nationale Sicherheit eingestuft werden können, und natürlich haben wir in den letzten Jahren gesehen, wie dieses Etikett der Desinformation auf unabhängige Medien angewandt werden kann, um die Zensur von Stimmen zu fördern, die unter anderem dem US-Imperium kritisch gegenüberstehen oder die einfach nicht in ein bestimmtes Regierungsnarrativ passen.“
Oder in den direkten Worten der Nationalen Strategie zur Bekämpfung des Inlandsterrorismus11:
„Bei inländischen Terroristen handelt es sich – insbesondere in den letzten Jahren – häufig um Einzelkämpfer oder kleine Gruppen informell zusammengeschlossener Einzelpersonen, die sich mit wenig oder gar keiner klaren Organisationsstruktur oder Richtung zu Gewalttaten mobilisieren. Diese Personen konsumieren häufig Material, das bewusst verbreitet wird, um Personen für eine Sache zu rekrutieren, die ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit und Erfüllung vermitteln soll, wie falsch dieses Gefühl auch sein mag. Ihre Ideologien können fließend sein, sich weiterentwickeln und sich überschneiden. Und in einigen Fällen können sie sich mit Verschwörungstheorien und anderen Formen der Desinformation und Fehlinformation verbinden und überschneiden … Diese Elemente bilden zusammen eine komplexe und sich verändernde Bedrohungslandschaft des inländischen Terrorismus und stellen die Strafverfolgungsbehörden vor große Herausforderungen. Vor allem auf internetbasierten Kommunikationsplattformen wie sozialen Medien, Datei-Upload-Seiten und End-to-End-verschlüsselten Plattformen können all diese Elemente kombiniert werden und die Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit verstärken. … Diese Bemühungen beziehen sich auf eine umfassendere Priorität: die Stärkung des Vertrauens in die Regierung und die Bewältigung der extremen Polarisierung, die durch eine Krise der Desinformation und Fehlinformation, die oft über Social-Media-Plattformen kanalisiert wird, angeheizt wird und die Amerikaner auseinanderreißen und einige zur Gewalt führen kann.“
Die Fusionszentren sind bereit und warten
Webb ist besorgt über die Fusionszentren, in denen das Ministerium für Innere Sicherheit, das FBI, Nichtregierungsorganisationen und andere aus dem privaten Sektor zusammenarbeiten, um zu entscheiden, wer ein Terrorist ist und wer nicht.
Fusionszentren gibt es schon seit einiger Zeit, aber mit dem Fortschreiten des Krieges gegen den inländischen Terror glaubt Webb, dass die Fusionszentren die gleiche Rolle übernehmen werden wie das von der CIA betriebene Phoenix-Programm während des Vietnamkriegs, das dazu diente, Namen von Dissidenten und Menschen mit extremistischen Sympathien in Datenbanken zu sammeln, damit sie von den zuständigen Behörden verfolgt werden konnten – viele wurden schließlich entführt, gefoltert und getötet.
Die Fusionszentren warten darauf, eine aktivere Rolle im neu erklärten Krieg gegen den inländischen Terrorismus zu übernehmen, aber damit sie eine breite Akzeptanz finden, muss nach Webbs Ansicht ein ungeheuerliches Ereignis stattfinden – eines, das über den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 hinausgeht, z. B. ein Ereignis, das Zivilisten zum Ziel hat und in der amerikanischen Öffentlichkeit die Empörung hervorruft, dass etwas getan werden muss.
„Deshalb mache ich mir Sorgen, dass ein anderes Ereignis stattfinden könnte, um diese Strategie weiter voranzutreiben. Sie bauen hier eine Infrastruktur auf, die sie zu nutzen gedenken, nicht wahr? Und ich denke, angesichts des derzeitigen Klimas in den USA wäre es für sie schwer zu rechtfertigen, dass sie in die Richtung gehen, die die Strategie eindeutig vorgibt“, sagt Webb.12
Sie zieht auch Parallelen zwischen der heutigen Situation und der von den USA unterstützten „Operation Condor“, die gegen Linke, mutmaßliche Linke und ihre Sympathisanten gerichtet war und schätzungsweise 60.000 Menschen ermordete, etwa die Hälfte davon in Argentinien. Weitere 500.000 wurden politisch inhaftiert.13
„Es gab keine Untersuchung darüber, ob die Behauptungen gegen diese Menschen überhaupt der Wahrheit entsprachen“, erklärte Webb. „Es gab keine Prozesse … es war eine Rasterfahndung, um eine reorganisierte Gesellschaft zu schaffen, die ein Klima der Angst nutzte, um die Duldung der Autorität und den völligen Gehorsam gegenüber dem Staat zu fördern“.14 Es ist die Geschichte, die oft die besten Hinweise darauf gibt, wohin sich die Gesellschaft bewegt, und Webb beschreibt auch einen Gesetzentwurf, den Präsident Biden 1995 als Reaktion auf den Bombenanschlag in Oklahoma City einbrachte [damals war Biden Mitglied des Justizausschusses, Anm. d. Übersetzers].
Er wurde vom FBI als Charta zur Untersuchung politischer Gruppen initiiert und enthielt die folgenden beunruhigenden Punkte. Glücklicherweise wurde der Gesetzesentwurf in dieser Fassung nicht verabschiedet – vieles wurde herausgenommen und verwässert -, aber wenn er in unveränderter Form verabschiedet worden wäre, hätte er15:
- es dem FBI, dem Militär und anderen Gruppen erlaubt, nach eigenem Gutdünken gegen politische Gruppen zu ermitteln, ohne dass eine höhere Instanz dies genehmigt
- eine 10-jährige Gefängnisstrafe für das „Verbrechen“ der Unterstützung der rechtmäßigen Aktivitäten einer Organisation ermöglicht, wenn der Präsident die Organisation als terroristische Vereinigung einstuft
- dem Präsidenten die alleinige Entscheidung ermöglicht, wer ein Terrorist ist – und diese Entscheidung wäre unanfechtbar gewesen
- die Regeln für Abhöraktionen gelockert
- die Unschuldsvermutung (unschuldig bis zum Beweis der Schuld) umgekehrt
- den Einsatz des Militärs bei inländischen Strafverfolgungsmaßnahmen ermöglicht und es potenziell legal gemacht, dass Soldaten ohne hinreichenden Grund in Häuser eindringen und Besitztümer mitnehmen
- geheime Gerichtsverfahren gegen Einwanderer ermöglicht, die keiner Straftat angeklagt sind, und die Verwendung von illegal beschafften Beweisen in diesen Verfahren erlaubt
Silicon Valley ist mit dem nationalen Sicherheitsstaat verschmolzen
Das Silicon Valley und der nationale Sicherheitsstaat sind jetzt miteinander verschmolzen, sagt Webb. Die jahrzehntelangen Kriege gegen den inländische Dissidenz war immer mit Technologien wie Datenbanken verbunden, und jetzt ist die Verbindung untrennbar.
Webb schrieb zu Beginn der Pandemie über die „Tech-Tyrannei“ und enthüllte, dass ein Dokument der Nationalen Sicherheitskommission für künstliche Intelligenz (National Security Commission on Artificial Intelligence, NSCAI) – das durch einen FOIA-Antrag erlangt wurde – besagte, dass Änderungen erforderlich seien, um einen technologischen Vorsprung gegenüber China zu behalten16:
„Dieses Dokument legt nahe, dass die USA in vielen Aspekten der KI-gesteuerten Technologien, insbesondere bei der Massenüberwachung, Chinas Führung folgen und sie sogar übertreffen. Diese Sichtweise steht in klarem Widerspruch zur öffentlichen Rhetorik prominenter US-Regierungsbeamter und Politiker gegenüber China, die die Technologieinvestitionen der chinesischen Regierung und den Export ihrer Überwachungssysteme und anderer Technologien als eine große ‚Bedrohung‘ für die ‚Lebensart‘ der Amerikaner bezeichnet haben.“
Viele der Schritte zur Umsetzung des Programms werden als Teil der COVID-19-Pandemiebekämpfung gefördert. NSCAI ist nicht nur ein wichtiger Teil der vierten industriellen Revolution des „Great Reset“, sondern fördert auch Massenüberwachung, Online-Shopping und die Abschaffung des Bargelds, während gleichzeitig festgestellt wird, dass „mit Kameras übersäte Straßen eine gute Infrastruktur sind“.
Vorsitzender der NSCAI ist Eric Schmidt, der ehemalige Chef von „Alphabet“, der Muttergesellschaft von „Google“. Weitere namhafte NSCAI-Mitglieder aus dem Silicon Valley sind17:
- Eric Horvitz, Direktor der „Microsoft Research Labs“
- Andy Jassy, CEO von „Amazon Web Services“ (Auftragnehmer der CIA)
- Andrew Moore, Leiter von „Google Cloud AI“
In der Zwischenzeit hob Greenwald eine Aussage von Alex Stamos, einem ehemaligen Facebook-Sicherheitsbeauftragten, hervor, der Social-Media-Unternehmen empfiehlt, mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten, um gegen extremistische Influencer im Internet vorzugehen, insbesondere gegen solche mit einem großen Publikum, um „uns alle wieder in dieselbe konsensuelle Realität zu bringen“18.
Soziale Medien spielen eine große Rolle in diesem Krieg
Wenn Sie dies lesen und besorgt sind, empfehle ich Ihnen dringend, sich den „Media Roots“-Radio-Podcast mit Whitney Webb vollständig anzuhören.19 Es sind knapp 2,5 Stunden, aber die Zeit ist gut investiert, um die historischen Ereignisse zu verstehen, die uns dahin geführt haben, wo wir heute sind. Für diejenigen, die aktiv werden wollen, ist ein massenhafter Ausstieg aus den sozialen Medien ein guter Anfang.
Viele vermuten, dass Facebook die öffentlichkeitsfreundliche Version des „Lifelogs“ der „Defense Advanced Research Projects Agency „(DARPA) des Pentagons ist, eines Datenbankprojekts, das darauf abzielt, die Details der gesamten Existenz von Menschen zu Überwachungszwecken für die nationale Sicherheit zu verfolgen.20
Das Pentagon zog am 4. Februar 2004 den Stecker aus „Lifelog“ und reagierte damit auf Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes.21 Noch am selben Tag wurde Facebook ins Leben gerufen.22
„Lifelog“ – und wahrscheinlich auch sein Nachfolger „Facebook“ – war als Ergänzung zu „Total Information Awareness“ (TIA) gedacht, einem Programm, das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ins Leben gerufen wurde und die medizinischen Daten, Fingerabdrücke und andere biometrische Daten der Amerikaner sowie DNA und Daten über persönliche Finanzen, Reisen und Medienkonsum sammeln wollte.23
Jetzt fordert Facebook seine Nutzer auf, „extremistische“ Inhalte und Fehlinformationen zu melden. Glücklicherweise gibt es eine Möglichkeit, sich passiv von der Datenauswertung und den alten sozialen Medien zu lösen, die mit dem Krieg gegen den Terror im Inland verflochten sind. Webb sagt: „Löschen Sie Ihr Facebook, Ihr Instagram und Ihr Twitter, denn Sie füttern die ‚Maschine des Inlandsterrorismus‘.“24
Quellen und Verweise:
- 1, 11 WhiteHouse.gov, National Strategy for Countering Domestic Terrorism June 2021
- 2, 4, 10, 12, 14, 15, 19, 24 Sound Cloud, Media Roots Radio August 1, 2021
- 3, 23 Humans Are Free October 30, 2020
- 5, 6, 7, 9 Fox News January 20, 2021
- 8, 18 Glenn Greenwald January 19, 2021
- 13 Mint Press News April 17, 2019
- 16, 17 Mint Press News 2020
- 20 Military.com February 4, 2004
- 21 Rapture Ready FAQ: Lifelog project
- 22 History Facebook Launches February 4, 2004